Kirchengeschichte

Kirche in Herlinghausen gestern und heute

* Geschichtlicher Rückblick
* Kirche heute, Aktivitäten und Veranstaltungen

Nach Auswertung aller Überlieferungen kann man die Errichtung der Kirche wohl in die Zeit zwischen 1252 und 1329 einordnen.

Um 1246 soll sie der Überlieferung nach zum Mainzer Archidiakonat Hofgeismar gehört haben.

Sie wird 1444 erstmals urkundlich erwähnt, weil sie zusammen mit der Antoniuskapelle vor Warburg und einem Altar aus Wormeln unter den von der Herrschaft Everstein lehnrührigen Stiftungen derer von Papenberg zu Kalenberg genannt wird, die in diesem Jahr ihre Rechte daran dem Heinrich von Gudensberg überlassen. 

1535 fällt das gudenbergische Dorf Herlinghausen durch Erbschaft an die Herren von der Malsburg und damit unter hessischen Einfluss

1539 wird die „Ziegenhainer Kirchenordnung“ eingeführt und wird, da die Herlinghauser Kirche im Malsburger Gerichtsbezirk lag, auch in Herlinghausen verbindlich. 

Wahrscheinlich ab 1541 bekennen sich die Herlinghäuser zum reformierten Glauben

Ab 1580 die bildeten Herlinghausen und Ersen eine Pfarrei mit Sitz in Herlinghausen 

Gemäß dem Grenzvertrag von 1597 zwischen dem hessischen Kurfürsten und dem Fürstbischof von Paderborn gehörte nun die evangelische Gemeinde Herlinghausen zum katholischen Paderborner Territorium. 

1606 erste Versuche der Einmischung in religiöse Belange durch Paderborn 

1630 verlegt Pfarrer Georg Wagner die Pfarre nach Ersen, aus Furcht vor den Nachstellungen der Dominikaner, welche Herlinghausen Ihrer Pfarrei weiterhin als zugehörig betrachteten. 

Nach dem 30jährigen Krieg, gab es zahlreiche Versuche der Paderborner, Herlinghausen wieder zum katholischen Machtbereich zurückzuholen.

Die Dominikaner beriefen sich damals auf die Zuordnung der Pastoration Calenberg mit den Filialorten Herlinghausen und Dalheim von 1606 durch den Bischof sowie auf das Restutionsedikt des Kaisers Ferdinand von 1629, wonach alle ehemaligen katholischen Kirchenbesitzungen der katholischen Kirche wieder anheimfallen sollten. Das galt aber nach dem 30jährigen Krieg nicht mehr.

Überliefert sind vor allem die hartnäckigen Versuche des damaligen Dominikanerpaters Vitalis Grever, der die Calenberger Pfarrei verwaltete. 

1663: Versuch die Paderborner Edikte des Bischofs an der Kirchentür zu Herlinghausen anzuschlagen, wurde von „rebellischen Einheimischen“ erfolgreich abgewehrt. 
Er mußte erfolglos den Heimweg antreten. Aber er kam wieder.

1671: überlieferter gewaltsamer Versuch den katholischen Anspruch auf die Gemeinde Herlinghausen durchzusetzen.

An den Kampf um die seit den 1660er Jahren von Calenberg her veranstalteten Prozessionen nach und bei Herlinghausen, die zum Teil sogar militärisch gesichert werden mussten, erinnerte noch Mitte des 18. Jhdrts. die in der Bibliothek des Osnabrücker Dominikanerkonvents gezeigte sogenannte „Herlinghäuser Kleiderbürste“, der Stock mit dem sich der kräftige Dominikanerpater Pastor Vitalis der spottenden Protestanten erwehret hätte….“ 
Und das war so: 
Als „am Mittwoch in der Bittwoche laut dem „ordinarius rituum“ der Kirche zu Wormeln das Dorf Wormeln in Prozession nach Herlinghausen gezogen (….) und die Calenberger mit ihnen gegangen“. Pater Vitalis hatte vorsorglich einen dicken Knüppel mitgenommen mit dem er auf die Herlinghäuser „eindrosch, die katholisches Brauchtum vom Wegesrand lächerlich zu machen suchten.“ Als man später dem Pater Vitalis Grever vorhielt, mit diesem Knüppel doch unchristlich gehandelt zu haben, meinte er, das sei doch seine Kleiderbürste, die er zufällig unter der Kutte gehabt hätte. Während die Herlinghäuser in der Kirche ihren Gottesdienst in ihrer Kirche begingen, zog die katholische Prozession fahnenschwenkend um die Kirche.

Noch im Jahr zuvor ist ein Extrakt aus dem Wormeler Klosterbuch an den Bischof in Paderborn gegangen. Darin wird berichtet, daß früher aus der Wormeler und Calenberger Pfarrei, die vom gleichen Pfarrer versorgt wurden, jährlich eine Prozession nach Herlinghausen und zurück gegangen sei. Einige Jahre habe nun die Prozession nicht stattgefunden. 

Aber als nun –vor drei Jahren – die Dominikaner mit den Calenbergern und Dalheimern diese Prozession wieder einführen wollten und vor das Dorf Herlinghausen gezogen seien, habe es Schwierigkeiten gegeben. Noch nie sei die Prozession behindert worden. Aber nun wollten die Herlinghäuser diese Prozession nicht gestatten. Sogar zu Handgreiflichkeiten hätten sie sich hinreißen lassen. Sie hätten gotteslästerliche Worte gebraucht. Die in der Prozession mitgeführte Mutter Gottes hätten sie „Hölzerne Ziege“ gerufen und hätten sie kurzhauen wollen. 
Sie hätten dann die unsrigen angegriffen. Eine alte Frau aus den Zuhörern hätten die Herlinghauser „gefänglich wegführen wollen“. 
Da mußten die Unsrigen zur Defension rüsten.
Sie haben einen calvinistischen Bauern gepackt. . Dieser Tumult wurde durch gütliches Zureden des „Herrn Patrum“ gestillt .

Aber als Zeugnis der Herlinghauser Gewalt habe man zwei Hüte und eine Axt mitgebracht.

Das wiederum ging den Herlinghäusern zu weit. Sie haben sich bei den Junkern von der Malsburg beschwert. Und die ließen ihrem Amtmann Martin Börger einen Brief an den Hochwürdigen Herrn Bischof schreiben, in dem er die Hüte und die Axt zurückfordert. Selbstverständlich hätten die Malsburger die Tätlichkeiten ihrer Bauern mißbilligt und ihnen Bußen auferlegt. Aber in Zukunft sollten die Papisten doch in (confini js et limitibus) ihren erlaubten Grenzen bleiben.

Mit der Zeit verzichtete man auf die Prozessionen nach Herlinghausen. 
Wahrscheinlich ist, daß sich nun der Bischof persönlich um den Prozessionskrieg mühen mußte. 
Er traf eine salomonische Entscheidung. Nicht mehr nach Herlinghausen solle man Prozession gehen, sondern nach Dalheim. Da stimmte wenigstens die Konfession. Und so ist diese alte Herlinghauser Prozession zu einer Dalheimer Prozession geworden, die bis auf den heutigen Tag bestand hat. 

Die Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der beiden Konfessionen wurden jedoch lange Zeit – auch noch anläßlich der Kalenberger Prozessionen nach Dalheim – weitergeführt.
Der Schützenverein Dalheim stellte noch in 1835 „wenn die Prozession von Calenberg nach Dalheim geht“ 12 Mann zum Schutz des „Hochwürdigsten“. Alte Calenberger haben noch um 1900 erzählt, daß es in ihrer Kindheit während dieser Prozession zu Tätlichkeiten mit den Herlinghäusern kam. Die Animositäten zwischen den katholischen Calenbergern und den reformierten Herlinghäusern reichten bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhundert. Das änderte sich aber danach, so dass das Verhältnis dieser beiden Orte heute gut ist.

1683 erhält die Kirche eine neue Kanzel

Aus Kirchenrechnungen ist zu ersehen, dass man damals für die Erhaltung des Kirchenbaues viel Eigeninitiative aufbringt.
Aber man bittet auch Einwohner zur Kasse, die sich in der Kirche „ohngebührlich behalten“, oder Juden läßt man zahlen, wenn sie Christliches Brauchtum nicht respektieren.

1799 muß der Jude Levi die Sabbatbuße zahlen, weil er seine Töchter „auf einen Sonntag früh morgens mit der Chaise hat verreisen lassen“.

1892 wird unter Mitwirkung des kgl. Konsistoriums in Münster Herlinghausen wieder als eine selbständige Pfarrstelle gegründet.

1895/96 wird das Pfarrhaus an der Erser Straße gebaut

1822 hatte ein Pfarrer Hoßbach sein Amt angetreten. Aber er hatte wohl keine gute Hand, denn in der Gemeindechronik ist vermerkt: „Besonderheit: Pfarrer Hoßbach ist gem. Verf. der Regierung v. 5.10.1824 aus dem Dienst entlassen. Er hat den Schäfer Martin Köter geschlagen und verwundet, daher werden die Predigten im Wechsel von den Predigern aus Wettesingen usw…. Pfarrer Paulus übernimmt die Amtsgeschäfte.“

Eine Beschreibung der Kirche aus dem Jahre 1939 lautet: 

„Einschiffig, zweijochig, Chor einjochig mit ursprünglich geradem Abschluß im Osten. Westturm ohne Gewölbe. Im Schiff und Chor spitzbogige Kreuzgewölbe, Öffnung zum Turm rundbogig. Bei der kürzlich stattgefundenen Instandsetzung der Kirche fanden sich am Gewölbe schwache Reste von Renaissancemalerei. Die rundbogigen Fenster, wohl in späterer Zeit vergrößert, desgleichen auch die Schallwölbungen des Turmes. Sie haben jetzt eine rechteckige Form und sind oben mit kielbogenartiger Wandblende abgeschlossen.
Am Fuße der beschieferten Turmpyramide vier Zwergtürmchen.
Eingang an der Nordseite des Schiffes rundbogig, in zweimal abgetreppter Leibung.
Die Außenflächen der Kirche sind in hammerrechtem Bruchsteinmauerwerk aus Muschelkalk bearbeitet, die Kanten gequadert.
Rest einer einfachen Vertäfelung im Turm mit Jahreszahl 1668.

Seit 1981 besteht wieder Bindung an die Evangelische Gemeinde in Warburg.
In einem Buch über die Stadtgeschichte von Warburg findet sich folgende Darstellung über die ev. Kirchengemeinde von Herlinghausen aus dieser Zeit:

Die Aktivitäten der evangelischen Kirchengemeinde heute sind vielschichtig und zahlreich Sie soll im Folgenden kurz dargestellt werden. 

* Gemeindeleben
– Unterhaltung der Kirche, des Kirchengeländes 
– Teilnahme an Themenkreisen und Veranstaltungen anderer christlicher Vereinigungen 

* Gottesdienste / Bibelstunden
– Wöchentlich (teils auch mit der Gemeinde Warburg)

* Soziales Engagement
– Familienzentrum Arche
– Warburger Mittagstisch
– Anbindung an die Arbeit der Diakonie
– Evangelische Frauenhilfe, die Anfang des letzten Jhdrt. entstand.

Die Tradition der Evangelischen Frauenhilfe ist geprägt durch intensives sozialdiakonischen Engagement.
Probleme unserer Zeit, wie Arbeitslosigkeit, Armut, Gewalt, psychische und soziale Belastungen bestärken die Frauenhilfe, Angebote zur Hilfe zu machen und solidarisch zu handeln.
Feministische und ökumenische Basistheologie, Spiritualität, Gemeinde- und Gruppenpädagogik, interkulturelles Lernen vor Ort sowie die Angebote der Familienbildung sollen zur Stärkung der Gemeindearbeit, der Frauen- und Familienarbeit führen. 

Aktuell beschäftigt sich die Frauenhilfe in Herlinghausen mit:
Bibelarbeit; Mitwirken an Gottesdiensten; Teilnahme an ökonomischen Veranstaltungen; und Lebenshilfe.

Publiziert werden alle diese Veranstaltungen/ Vorhaben/ Gottesdienste usw. im vierteljährlich erscheinenden „Gemeindebrief“ der ev. Kirchengemeinde Herlinghausen-Warburg.
Er wird kostenlos an die Gemeindemitglieder verteilt.

Insgesamt kann man feststellen: 

Religiöses Engagement und gelebter Glaube ist im Laufe der Jahrhunderte schon immer charakteristisch für die Lebenshaltung der Gemeinde Herlinghausen gewesen. Auch nach der Zusammenlegung mit der Ev. Gemeinde von Warburg ist das bis heute so geblieben.

*Alle Informationen entstammen dem Beitrag zur Ausstellung im Museum im „Stern“ vom Jahr 2006 und wurden von Rainer Herwig zur Verfügung gestellt*