Sexuelle Nötigung im Vollrausch bereits verjährt
Angeklagter (62) freigesprochen Tat ist 15 Jahre her
Quelle: Bericht des Westfalenblatt vom 24.02.2017
Warburg (aho). Wegen versuchter Vergewaltigung seiner Schwägerin musste sich am Freitag ein
62-jähriger Warburger vor dem Schöffengericht verantworten. Die Tat soll sich vor 15 Jahren zugetragen haben.
Das Gericht kam nach dreistündiger Verhandlung schließlich zu dem Ergebnis, dass es sich um eine
sexuelle Nötigung im fahrlässigen Vollrausch gehandelt hat. Dieser Tatbestand ist nach zehn Jahren
aber bereits verjährt. Das bedeutete Freispruch für den Angeklagten.
Der Vorfall hatte sich 2001 bei einem Sportfest in Herlinghausen ereignet, war aber erst 2016 vom
heute 54-jährigen Opfer bei der Polizei zur Anzeige gebracht worden. Der Vorsitzende Richter Stephan Schneyer, seine zwei Schöffen sowie Oberstaatsanwalt Dietmar Sauerland versuchten, sich ein möglichst klares
Bild von dem Abend des 1. Juli 2001 am Sportheim im Knickhagen zu machen.
Zunächst wurde der Angeklagte zu den Geschehnissen befragt. Er erklärte, stark alkoholisiert gewesen zu sein.
Er sei an dem besagten Abend von der Toilette gekommen, habe die Ehefrau seines Bruders dort vor sich gesehen, sei gestolpert und im Bereich der Hecke auf die Frau gefallen.
Er sei dann von anderen Festbesuchern von der Schwägerin heruntergerissen und geschlagen worden.
Nach seiner Aussage sei er erst am nächsten Morgen auf der Wiese wieder zu sich gekommen.
Seine Schwägerin, die als Nebenklägerin an der Verhandlung teilnahm, schilderte dem Gericht
den Hergang wie folgte: Sie sei von der Toilette gekommen, von ihrem Schwager an den Haaren
gerissen und zu Boden geworfen worden.
Er habe dann versucht, sich an ihr zu vergehen, sei aber von anderen Besuchern des Sportfestes weggerissen worden.
Als Grund dafür, warum sie erst nach 15 Jahren die Tat zur Anzeige gebracht hatte, gab die Frau an,
Angstzustände gehabt zu haben. Auch habe die Mutter des Angeklagten sie damals darum gebeten,
nicht zur Polizei zu gehen, da dies dem Familienansehen doch sehr schaden würde.
Als Zeugen sagten der 57-jähriger Ehemann und eine frühere Freundin (53 Jahre) des Opfers
sowie ein Festbesucher aus.
Die Lichtverhältnisse und die Entfernung des Bierpavillons zum Ort des Geschehens im Bereich des
Toiletteneingangs spielten dabei eine zentrale Rolle, um zu ermitteln, ob und was die Zeugen von der
Tat sehen konnten.
Es stellte sich bei der Beweisaufnahme auch heraus, dass es in der Familie Streit um Geld gab und gibt.
Das Verhältnis unter den Brüdern sei nicht das Beste, so hieß es.
Der Ehemann der Nebenklägerin hatte am Tattag gefilmt. Die letzten fünf Minuten dieses Films sah sich
das Gericht an.
Der Vorfall selbst ist auf der Aufnahme nicht zu sehen, allerdings der Angeklagte. Der Film zeigt, dass der
heute 62-Jährige um die Tatzeit stark betrunken war.
Der Oberstaatsanwalt sah allenfalls eine sexuelle Nötigung unter starkem Alkoholeinfluss als gegeben an und plädierte auf Freispruch, da die Rauschtat bereits verjährt sei.
Der Verteidiger schloss sich den Ausführungen des Oberstaatsanwaltes an.
Er stellte fest: »Das Vergehen ist schon nach „Dorfrecht“ reguliert, da der Angeklagte verprügelt wurde.«
Der Rechtsanwalt der Nebenklägerin erklärte: »Die Kernaussage meiner Mandantin wurde bestätigt.«
Er räumte allerdings ein: »Probleme in der Familie schwangen vielleicht mit«.
Das Schöffengericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und entschied auf Freispruch für den Angeklagten.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse.